Dehydroepiandrosteron (DHEA)

Dehydroepiandrosteron (DHEA) gehört auch zur Gruppe der Androgene, ist allerdings schwächer wirksam als Testosteron und DHT.1


Was ist Dehydroepiandrosteron (DHEA)?

Dehydroepiandrosteron (DHEA) wird sowohl bei Männern als auch Frauen größtenteils in der Nebennierenrinde gebildet.1 Die Bildung von DHEA wird hier durch das adrenocorticotrope Hormon (ACTH), welches von der Hypophyse ausgeschüttet wird, stimuliert. Weiterer Syntheseort sind die Gliazellen im Gehirn. Bei Männern werden auch geringe Anteile im Hoden gebildet, bei Frauen erfolgt die DHEA-Produktion zu etwa 30% in den Ovarien.1,2

Wie Testosteron basiert das Grundgerüst von DHEA auf 19 Kohlenstoffatomen (Abb. 1). DHEA zählt somit zu den C19-Steroiden.1 Im Syntheseweg ist DHEA eine Vorstufe von Testosteron. Die Biosynthese von DHEA findet durch eine schrittweise enzymatische Umwandlung von Cholesterin statt.4

Die durch ACTH stimulierte DHEA-Freisetzung weist eine gewisse zirkadiane Rhythmik auf. Anders als Cortisol und Aldosteron variieren die DHEA-Spiegel zudem im Laufe des Lebens deutlich. Bei der Geburt finden sich hohe DHEA-Spiegel, die kurz danach absinken, um während der Adrenarche wieder anzusteigen. Im Erwachsenenalter liegt die Sekretionsrate von DHEA bei Männern bei ca. 31 mg/Tag und bei Frauen bei ca. 20 mg/Tag.3 Nach Erreichen eines Maximums gegen Ende der dritten Lebensdekade nehmen die DHEA-Spiegel interindividuell variabel mit fortschreitendem Erwachsenenalter kontinuierlich wieder ab.4

DHEA wird größtenteils als Sulfatester (Dehydroepiandrosteronsulfat, DHEAS) ins Blut abgegeben. DHEA und DHEAS machen bei Weitem den größten Anteil des zirkulierenden Steroidpools beim Menschen aus, wobei lediglich 4% DHEA/DHEAS frei im Blut zirkulieren. Der restliche Anteil ist an Transportproteine wie Albumin und das sexualhormonbindende Globulin (SHBG) gebunden. Die eigentliche androgene Wirkung von DHEA, welches selbst nicht an den Androgenrezeptor bindet, wird durch dessen nachfolgende Umwandlung zu Testosteron und Dihydrotestosteron (DHT) vermittelt.1,4,5

Strukturformel vn Dehydroepiandrosteron

Abbildung 1: Strukturformel von Dehydroepiandroesteron (DHEA).

Welche Funktionen hat DHEA?

DHEA dient als Vorstufe bzw. Prohormon für die Bildung von Testosteron und Estrogenen. Für die Testosteronsynthese kann DHEA zu Androstendion und Testosteron umgewandelt werden. Für die Estrogensynthese kann Testosteron zu Estradiol, dem wichtigsten Estrogen der Frau, aromatisiert werden. Androstendion kann hingegen zu dem schwächer wirksamen Estrogen Estron konvertiert werden.6

Die exakte physiologische Bedeutung von DHEA ist bislang nur partiell verstanden. Dementsprechend wird DHEA oft nur als Prohormon der Sexualsteroidbiosynthese bezeichnet. Dennoch existieren neben indirekten DHEA-Effekten durch dessen Biokonversion in Androgene oder auch Estrogene auch Hinweise auf direkte DHEA-Effekte, die über membranständige Rezeptoren vermittelt werden.4

An direkten DHEA-Effekten wurden insbesondere neurosteroidale Wirkungen an zerebralen Neurotransmitter-Rezeptoren beobachtet, die neuroprotektive und antidepressive Effekte vermitteln. Aus diesem Grund wird DHEA auch als Neurosteroid bezeichnet. Darüber hinaus sind unmittelbare Interaktionen mit dem Immunsystem beschrieben worden, die einen immunmodulatorischen Effekt bewirken. Weiterhin konnten hochaffine Bindungsstellen an Endothelzellen mit Aktivierung der endothelialen NO-Synthase über einen G-Protein-gekoppelten Plasmamembranrezeptor nachgewiesen werden. Über diesen Mechanismus kann DHEA zur Durchblutungssteigerung beitragen.4

Welche Krankheitsbilder stehen im Zusammenhang mit DHEA?

Besonders Störungen der Nebenniere (z. B. Nebenniereninsuffizienz oder Nebennierenrindentumoren) können zu einer verringerten bzw. erhöhten DHEA-Synthese führen.7 Der Morbus Addison ist eine Funktionsstörung aufgrund einer direkten Erkrankung der Nebenniere (primäre Nebenniereninsuffizienz), die meist eine Autoimmunerkrankung ist.8

Zur Behandlung eines DHEA-Mangels bei Nebenniereninsuffizienz stehen keine behördlich zugelassenen Arzneimittel zur Verfügung. Insbesondere bei Frauen mit Nebenniereninsuffizienz wurde jedoch durch orale Gabe von DHEA eine Besserung von Wohlbefinden, Stimmung und Sexualität gezeigt.9

Im Alter kommt es bei Männern und Frauen zu einer Abnahme der DHEA- und DHEAS-Spiegel, was auch als Adrenopause bezeichnet wird. Die Adrenopause kann durch verschiedene Faktoren hervorgerufen werden. Dazu zählt zum einen die reduzierte Aktivität der 17,20-Lyase, welche für die Bildung von DHEA aus 17α-Hydroxypregnenolon verantwortlich ist, und zum anderen eine reduzierte Funktionalität der Nebenniererinde.1

Bei Frauen erlischt zudem mit dem Eintritt der Menopause die Aktivität der Eierstöcke, sodass die ovarielle DHEA-Produktion entfällt. Bei postmenopausalen Frauen sind die DHEA-Serumspiegel um ca. 50% niedriger als im jungen Erwachsenenalter.10

Das Absinken der DHEA- und DHEAS-Spiegel kann zu einer Vielzahl altersbedingter Symptome beitragen. So konnte in klinischen Studien eine gegenläufige Korrelation zu Symptomen wie reduzierte Muskelkraft, Übergewicht, Insulinresistenz und kardiovaskulären Erkrankungen nachgewiesen werden.1

Da die Einnahme von DHEA zu einer effektiven Anhebung der Serumandrogenspiegel führt, zählt es zu den verbotenen Dopingmitteln. In einigen Ländern wie den USA ist DHEA als Nahrungsergänzungsmittel frei verkäuflich und wird verbreitet als Anti-Aging-Mittel eingesetzt. In Deutschland und anderen Ländern sind aufgrund der möglichen Nebenwirkungen keine DHEA-haltigen Nahrungsergänzungsmittel verfügbar.4

Im Jahr 2016 wurde vaginales DHEA (Prasteron) in einer Dosierung von 6,5 mg/Tag von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) in Form von Vaginalsuppositorien zur Behandlung von postmenopausalen Frauen zugelassen (Handelsname Intrarosa®). Im Jahr 2018 folgte die Zulassung durch die EMA (European Medicines Agency) sowie in 2020 durch die schweizerische Zulassungsbehörde Swissmedic. Intrarosa® wird angewendet zur Behandlung vulvärer und vaginaler Atrophie bei postmenopausalen Frauen mit mittelschweren bis schweren Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.10

  1. Kostas, L., Kassi, E., Prokopiou, M., Chrousos, G.P. (2014). Adrenal Androgens and Aging. MD Text.com.

  2. Kuhl, H. (2002). Sexualhormone und Psyche. Georg Thieme Verlag.

  3. Elkins, R. (1996). DHEA Dehydroepiandrosterone. Woodland Publishing Inc.

  4. Hahner, S. Ein Hormon stellt sich vor: Dehydroepiandrosteron (DHEA). Journal für Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel; 2011; 4 (1): 41-42.

  5. Bühmann, W.; Schroeder, S. (2004). Individuelle Gesundheitsleistungen für die urologische Praxis. Springer Verlag.

  6. Nieschlag E, Behre, HM. Testosterone: Action Deficiency Substitutions. Cambridge University Press, 2012, 4. Auflage.

  7. Gressner, A. M., Arndt, T. (2013). Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer Verlag, 2. Auflage.

  8. Arlt, W., Allolio, B. (2003). Adrenal insufficiency. Lancet, 361, pp. 1881-93.

  9. Arlt, W. (2004). Dehydroepiandrosterone replacement therapy. Semin Reprod Med, 22, pp. 379-88.

  10. Stute, P. Die Rolle von vaginalem DHEA bei der Behandlung des genitourinären Syndroms der Menopause. J. Gynäkol. Endokrinol. CH 25, 87–100 (2022).

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