Sexualhormone im Überblick

Sexualhormone sind vor allem für die Geschlechtsdifferenzierung während der Embryonalentwicklung und die Ausprägung sekundärer Geschlechtsmerkmale in der Pubertät verantwortlich. Im Erwachsenenalter sind sie nicht nur wichtig für den Erhalt der Sexualfunktionen, sondern auch für zahlreiche andere Organfunktionen.1,2


Die Sexualhormone spielen eine zentrale Rolle bei der Ausbildung und Aufrechterhaltung der männlichen und weiblichen reproduktiven Funktionen. Sie werden vor allem in den Gonaden, aber auch in anderen Geweben in mehreren Schritten aus Cholesterin synthetisiert (Abb. 1).2

Neben den geschlechtsspezifischen Funktionen können Sexualhormone aber auch auf viele weitere Prozesse im Körper einwirken. So sind Sexualhormone u. a. an der Regulation des Knochen- und Lipidstoffwechsels beteiligt und können das kardiovaskuläre und das zentrale Nervensystem beeinflussen.1

Was sind Sexualhormone?

Sexualhormone zählen wie Mineralokortikoide und Glukokortikoide zu den Steroidhormonen, die wiederum zu den Steroiden gehören. Steroide sind organische Verbindungen aus 18 bis 30 Kohlenstoffatomen, die aus drei Sechserringen und einem Fünferring aufgebaut sind. Diese Grundstruktur wird auch als Cyclopentanoperhydrophenanthren oder kurz Steran bzw. Gonan bezeichnet.2

Wie werden Sexualhormone gebildet?

Die Synthese der Sexualhormone basiert auf einer schrittweisen enzymatischen Umwandlung von Cholesterin, welches u. a. in der Leber aus Acetyl-CoA synthetisiert oder mit der Nahrung aufgenommen wird. Cholesterin kann dann durch rezeptorvermittelte Endozytose in die Zellen transportiert und in Form zytoplasmatischer Lipidtropfen gespeichert werden.1,2

Der erste Schritt der Steroidhormonsynthese findet in den Mitochondrien der Zellen statt. Dafür muss Cholesterin von der äußeren zur inneren Mitochondrienmembran transportiert werden. Dieser Transportschritt ist gleichzeitig geschwindigkeitsbestimmend für die Sexualhormonsynthese und wird durch das mitochondriale Protein StAR (steroidogenic acute regulatory protein) vermittelt. An der inneren Mitochondrienmembran befindet sich die Cholesterin-Monooxygenase (p450scc), welche Cholesterin durch die Abspaltung der Seitenkette zwischen den Kohlenstoffatomen 20 und 22 in das biologisch inaktive Pregnenolon umwandelt. Aus Pregnenolon werden dann durch die Aktivität weiterer gewebsspezifischer Enzyme die biologisch aktiven Sexualhormone gebildet.1

Sexualhormone werden primär in den Gonaden, der Nebennierenrinde, der Plazenta und im Gehirn gebildet. Zudem kann aber auch eine Konvertierung der Sexualhormone in verschiedenen Organen bzw. Geweben erfolgen.1

Die Biosynthese wird hauptsächlich durch Gonadotropin-Ausschüttung über die Hypothalamus-Hypophysen-Achse reguliert.3 Da Steroidhormone sofort sezerniert werden, ist die Geschwindigkeit der Hormonabgabe direkt von der Synthesegeschwindigkeit, insbesondere von der Vorstufe Pregnenolon, abhängig. Mittels Rückkopplungsmechanismen kann der Hormonspiegel in einem relativ engen Konzentrationsbereich gehalten werden.

Cholesterol

17α-Hydroxypregnenolon

Pregnenolon

Androstendion

17α-Hydroxyprogesteron



Abbildung 1: Chemische Struktur und Biosynthese der Sexualhormone.

Sind Sexualhormone geschlechtsspezifisch?

Es ist unbestritten, dass Estrogene und Gestagene bei der Regulierung der weiblichen Biologie eine große Rolle spielen. Andererseits sind Androgene für die Entwicklung und Physiologie des Mannes unerlässlich. Folglich wurden die Sexualhormone in der Vergangenheit eingeteilt in „männliche“ und „weibliche“ Sexualhormone, obwohl Estrogene, Gestagene und Androgene allesamt von beiden Geschlechtern gebildet werden.4

Neueren Erkenntnissen zufolge sind jedoch in beiden Geschlechtern Estrogene und Androgene für die Regulation zahlreicher biologischer Prozesse entscheidend. Anhand von männlichen und weiblichen Patienten mit gestörter Androgen- oder Estrogensynthese zeigte sich, dass diese Sexualhormone sowohl bei Männern als auch bei Frauen für viele Funktionen im menschlichen Körper essentiell sind. Gleiches wurde beobachtet, wenn die Wirkung von Androgenen und Estrogenen aus anderen Gründen verändert war, beispielsweise aufgrund eines erblich bedingten Defektes im Androgen- oder Estrogenrezeptor.4

Tatsächlich wird also bei dem Konzept der „männlichen“ und „weiblichen“ Sexualhormone ein komplexes biologisches Netzwerk von Steroidwirkungen zu stark vereinfacht. Testosteron und Estradiol, wobei Estradiol aus Testosteron gebildet wird, spielen in beiden Geschlechtern eine wichtige Rolle.4

Androgene

Androgene haben ein Grundgerüst aus Androstan, welches 19 Kohlenstoffatome aufweist. Damit zählen sie zu den C19-Steroidhormonen. Sie sind beim Mann primär für die Ausprägung der männlichen Geschlechtsmerkmale verantwortlich. Die wichtigsten Vertreter der Androgene sind Testosteron, Dihydrotestosteron (DHT) und Dehydroepiandrosteron (DHEA).1

Estrogene

Estrogene zählen zu den C18-Steroidhormonen, da sie ein Estran-Grundgerüst mit 18 Kohlenstoffatomen besitzen. Sie sind im weiblichen Organismus insbesondere an der Regulation des weiblichen Menstruationszyklus beteiligt. Zu den wichtigsten Vertretern gehören Estradiol, Estron, Estriol und Estetrol. Therapeutisch finden natürliche sowie synthetische Estrogene vor allem in der Hormonersatztherapie oder in hormonellen Kontrazeptiva Verwendung. Zudem gibt es weitere Substanzen mit Estrogenwirkung, beispielsweise selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERM), die beispielsweise zur Behandlung von Brustkrebs und Osteoporose eingesetzt werden.1

Gestagene

Gestagene sind Steroide, die sich durch ein Grundgerüst mit 21 Kohlenstoffatomen auszeichnen, auch Pregnan-Grundgerüst genannt. Folglich handelt es sich bei natürlichen Gestagenen um C21-Steroidhormone. Vertreter sind zum Beispiel Progesteron, Pregnandiol und Pregnenolon. Das wichtigste natürliche Gestagen ist Progesteron. Gemeinsam mit Estrogenen spielen Gestagene besonders im weiblichen Zyklus und in der Schwangerschaft eine entscheidende Rolle. In der menopausalen Hormonersatztherapie oder als hormonelle Kontrazeptiva kommen außerdem häufig auch synthetische Gestagene zum Einsatz.1

  1. Aktories, K., Flockerzi, V., Förstermann, U., Hofmann, FB. (2022). Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag,13. Auflage.

  2. Offermanns, S. (2020). Sexualhormone. In: Pharmakologie und Toxikologie. Springer, Berlin, Heidelberg.

  3. Vaupel P, Schaible G, Mutschler E, (2015). Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 7. Auflage.

  4. Hammes SR, Levin ER. Impact of estrogens in males and androgens in females. J Clin Invest. 2019; 129(5):1818-1826.

Herzlich Willkommen

In unserem Hormonspezialisten-Portal finden Sie Infos und Services, die speziell für Ärzte entwickelt wurden.


Sie sind kein Arzt?
Entdecken Sie unsere Patientenseiten!

 

Sie sind kein Arzt? Entdecken Sie unsere Patienten-Webseiten!

 

Ich bin Arzt

Als Arzt sind Sie hier genau richtig, denn Hormonspezialisten ist Ihr Expertenportal rund um das Thema Sexualhormone mit interaktivem Experten-Board. Entdecken Sie unser umfangreiches Angebot oder melden Sie sich für weitere Services direkt per DocCheck Login an.

 

Ich bin kein Arzt

HORMONSPEZIALISTEN.de wurde vorrangig für Ärzte konzipiert und bietet medizinisch-wissenschaftliche Inhalte. Einige der Seiten sind aus rechtlichen Gründen Ärzten vorbehalten und durch einen entsprechenden Login geschützt.

Sie sind kein Arzt? Entdecken Sie unsere Patienten-Webseiten!


Das Portal für Männergesundheit

Alles zum Thema Wechseljahre