Hormonelle Kontrazeption bei Epilepsie

Die bei Frauen auftretenden Hormonschwankungen während ihres Zyklus können die Manifestation epileptischer Anfälle beeinflussen. Daher können betroffene Patientinnen von hormonellen Kontrazeptiva profitieren.


Hormonelle Verhütung bei Epilepsie

Bei Frauen, die unter Epilepsie leiden, treten epileptische Anfälle gehäuft während der Menstruation auf. Es besteht folglich ein Zusammenhang zwischen den zyklischen Hormonveränderungen und der Manifestation epileptischer Anfälle.1 Für betroffene Patientinnen ist die Anwendung aller hormonellen Kontrazeptiva laut WHO-Kriterien2 der Nutzen größer als die Risiken (WHO 1).1

So wurde in Studien kein Zusammenhang zwischen der Anwendung eines kombinierten oralen Kontrazeptivums (KOK) und einer Zunahme von Epilepsien bzw. einer erhöhten Anfallsfrequenz beobachtet. Laut WHO2 gilt deshalb für Epileptikerinnen, die keine Antiepileptika einnehmen, dass KHK und Gestagenmonopräparate uneingeschränkt angewendet werden können (WHO 1).1

 

Problematisch kann hingegen eine mögliche Interaktion hormoneller Kontrazeptiva mit Antiepileptika sein. Letztere haben unterschiedliche Wirkungen auf den Leberstoffwechsel und können die Enzyminduktion beeinflussen. Dadurch können einige antiepileptische Wirkstoffe den kontrazeptiven Schutz von KOK reduzieren oder sogar ganz aufheben. Andersherum können auch hormonelle Kontrazeptiva die Wirksamkeit bestimmter Antiepileptika reduzieren.1

Besondere Aufmerksamkeit ist laut S3-Leitlinie zur hormonellen Empfängnisverhütung3 bei dem Antiepileptikum Lamotrigin geboten. Dessen Clearance erhöht sich unter dem Einfluss hormoneller Kontrazeptiva – vermutlich durch das enthaltene Ethinylestradiol, wodurch der Serumspiegel des Wirkstoffs sinkt. Im Gegensatz dazu kann der Serumspiegel während des hormonfreien Intervalls (Pillenpause) stark ansteigen und zu Nebenwirkungen führen.3 Die Lamotrigin-Dosis muss dementsprechend angepasst werden.1 Werden hingegen Natriumvalproat, Lamotrigin und hormonelle Kontrazeptiva gleichzeitig angewendet, wird der Lamotrigin-Spiegel nicht beeinflusst.3 Laut Expertenkonsens der S3-Leitlinie sind Frauen, die Lamotrigin einnehmen, darüber aufzuklären, dass unter KOK-Anwendung das Anfallsrisiko sowie – in der pillenfreien Phase – das Toxizitätsrisiko steigen und deshalb das Risiko der KOK-Anwendung den Nutzen überwiegt.3

Inwiefern Antiepileptika mit Gestagenmonopräparaten wechselwirken, ist abhängig vom Antiepileptikum: bestimmte Antiepileptika können die kontrazeptive Wirksamkeit oraler und parenteraler Gestagenmonopräparate reduzieren.1 Zwischen Lamotrigin und Gestagenmonopräparaten sind allerdings keine Wechselwirkungen bekannt.3 Sie stellen deshalb für Lamotrigin-behandelte Frauen eine Alternative zu einer KOK-Einnahme dar.

KOK sind bei einer Epilepsie nicht generell kontraindiziert. Wenn die Anwendung kontinuierlich (ohne Pause) oder im Langzyklus-Schema (seltenere Pausen) erfolgt, können sie sogar häufig prämenstruell auftretende Epilepsieanfälle reduzieren. Bei der Einnahme sind Interaktionen mit Antiepileptika jedoch unbedingt zu berücksichtigen.1 Bei ausgeprägten Interaktionen müssen Alternativen in Betracht gezogen werden, wie z.B. eine Kupferspirale. Oft sind auch levonorgestrelhaltige Hormonspiralen möglich.1,2,3

Die Einnahme von KOK und Antiepileptika sollte prinzipiell zeitversetzt erfolgen, um mögliche Interaktionen zu vermeiden. Dies kann allerdings nicht in allen Fällen die kontrazeptive Sicherheit garantieren. Zudem sollten unbedingt die in den Fachinformationen der verordneten Antiepileptika und Kontrazeptiva gegebenen Hinweise beachtet werden.1

  1. Römer T. Medical eligibility for contraception in women at increased risk. Dtsch Arztebl Int. 2019; 116: 764–74.

  2. World Health Organisation (WHO). Medical eligibility criteria for contraceptive use. A WHO family planning cornerstone. Fifth edition, 2015. Online unter: apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/181468/9789241549158_eng.pdf;jsessionid=7ED5FC15F5921968F1F6EC2B4F0D2E61. Letzter Zugriff: 10.05.2023.

  3. S3-Leitlinie Hormonelle Empfängnisverhütung. AWMF-Registernummer: 015-015. Stand September 2020, Version 1.2. Online unter: register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-015. Letzter Zugriff: 08.05.2023.

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