Männlicher Hypogonadismus: Therapieoptionen & Kontraindikationen

Mit einer Testosteronbehandlung sollte der Gesamttestosteron-Spiegel in den physiologischen Bereich eugonadaler Männer angehoben werden. Dadurch können Testosteronmangel-bedingte Symptome gelindert werden.


Behandlungsoptionen bei männlichem Hypogonadismus

Die Therapie des männlichen Hypogonadismus wird durch zwei Kriterien beeinflusst. Zum einen um welche Art des Hypogonadismus es sich handelt (primär, sekundär oder funktionell) und zweitens, ob ein Kinderwunsch besteht.1

Liegt kein Kinderwunsch vor, erfolgt die Behandlung mittels eines Testosteronpräparates, nachdem Kontraindikationen ausgeschlossen wurden. Die jeweilige Testosterontherapie wird an die individuellen Bedürfnisse und Präferenzen des Patienten angepasst. Liegt ein aktiver Kinderwunsch vor, muss stattdessen mit Gonadotropinen behandelt werden.1

Ein funktioneller Hypogonadismus, der meistens bei älteren Männern diagnostiziert wird, erfordert immer zunächst die Therapie der zugrunde liegenden Störung (z.B. Adipositas, Diabetes Typ 2, inflammatorische Erkrankung). Meist haben die Patienten jedoch ein ausgeprägtes Leidensbild, sodass eine gleichzeitig begonnene Testosterongabe in der Praxis üblich ist.1

Die Auswahl des Testosteronpräparates erfolgt individuell nach Präferenz des Patienten unter ärztlicher Beratung. Siehe auch Darreichungsformen einer Testosterontherapie. Aktuell stehen folgende Präparate in Deutschland zur Verfügung (Stand: Juni 2024):

ApplikationApplikationsformKonzentration / Menge, HandelsnameDosis
TransdermalGel im DosierspenderGelformulierungen mit unterschiedlicher Bioverfügbarkeit und Konzentration1 bis mehrere Hübe aus dem Dosierspender täglich auf die empfohlenen Körperstellen
TransdermalGel im BeutelGelformulierungen mit unterschiedlicher Bioverfügbarkeit und Testosteronmenge pro Beutel1 bis 2 Beutel täglich auf die empfohlenen Körperstellen
IntramuskulärSpritze250 mg Testosteron-enanthat  pro Ampulle1 Ampulle alle 2 bis 3 Wochen
IntramuskulärSpritze1.000 mg Testosteron-undecanoat  pro Ampulle1 Ampulle alle 10 bis 14 Wochen

Leitlinienempfehlungen zur Einstellung der Testosteronspiegel

Die meisten internationalen Fachgesellschaften empfehlen eine Einstellung in den Normbereich. Während die European Association of Urology (EAU)1 und auch viele andere Fachgesellschaften keine konkreten Testosteron-Serumwerte angeben, liefern die American Urological Association (AUA)3 und die Canadian Urological Association (CUA)4 jeweils eine anzustrebende Spanne von 15,6 bis 20,8 (AUA) bzw. 14,0 bis 17,0 nmol/l (CUA) für das Gesamttestosteron. Folglich kann mithilfe dieser Angaben der „mittlere Normbereich“ definiert werden als Gesamttestosteronwerte von ca. 14 bis 21 nmol/l.3,4 Je nach Quelle wird der Normbereich bzw. Referenzbereich definiert als Gesamttestosteronwerte zwischen 12 und 35 nmol/l.

Kontraindikationen einer Testosterontherapie

Bevor eine Testosterontherapie begonnen wird, muss der Patient vorab auf möglicherweise bestehende Kontraindikationen gründlich untersucht werden. Es wird unterschieden zwischen absoluten und relativen Kontraindikationen einer Testosterontherapie.1,2 Untenstehend sind diese gemäß der EAU-Leitlinie „Sexual and Reproductive Health“ aufgeführt.2

Absolute Kontraindikationen

  • Unbehandeltes Prostatakarzinom
  • Unbehandeltes Mammakarzinom
  • Bekannte Polyglobulie (Hämatokrit > 54%)
  • Bestehender Kinderwunsch
  • Unkontrollierte oder schlecht kontrollierte kongestive Herzinsuffizienz

Relative Kontraindikationen

  • Benignes Prostata-Syndrom (BPS) mit deutlichen Symptomen (International Prostate Symptom Score [IPSS] > 19)
  • Bekannte familiär bedingte gehäufte Thromboembolien
  • Baseline Hämatokrit von 48 – 50%

Mehr zum Thema

 

  1. Zitzmann M. Testosterontherapie im Alter bei Hypogonadismus und Komorbiditäten. Internist. 2020; 61: 549–557.

  2. Salonia A et al. EAU Guidelines on sexual and reproductive health 2024. European Association of Urology 2024. Online unter: https://uroweb.org/guidelines/sexual-and-reproductive-health/. Letzter Zugriff: 01.06.2024.

  3. Mulhall JP et al. Evaluation and management of testosterone deficiency: AUA guideline. J Urol. 2018; 200: 423–32

  4. Grober ED et al. Canadian Urological Association guideline on testosterone deficiency in men: Evidence-based Q&A. Can Urol Assoc J. 2021; 15(5): E234-43.