Die Pille

Die „Antibabypille“ schützt seit über 60 Jahren Frauen vor unerwünschten Schwangerschaften. Entwickelt in den USA, wurde die Pille 1961 in Deutschland eingeführt. Das sehr sichere Verhütungsmittel beeinflusst den natürlichen Hormonzyklus der Frau und verhindert auf diese Weise Schwangerschaften.


In den ersten Jahren wurde die Pille aufgrund der vorherrschenden Moralvorstellungen nur verheirateten Frauen verschrieben. Dies änderte sich jedoch schnell. Durch ihre leichte Handhabung und ihre gute Verträglichkeit zählt sie in Deutschland zu den am häufigsten verwendeten Verhütungsmitteln. Die Pillen enthalten – heute wie damals – verschiedene Hormone. Diese haben grundsätzlich die gleichen Wirkungen wie die am weiblichen Zyklus beteiligten Sexualhormone Estradiol (ein Östrogen) und Progesteron (ein Gestagen). Die empfängnisverhütende Wirkung wird in den heute verwendeten Pillen durch das Gestagen erzielt. Es ist in einer Dosierung enthalten, die bei regelmäßiger Einnahme die Eireifung und den Eisprung unterdrückt. Meist werden Kombinationen von Gestagenen und dem Östrogen Ethinylestradiol angewendet.

Die Pille entwickelt sich weiter

Über die Jahre hat sich die Pille ständig weiterentwickelt. Die anfänglich eingesetzten hohen Hormondosierungen wurden nach und nach reduziert. Zudem wurden neue Gestagene mit unterschiedlichen Partialwirkungen entwickelt. So konnten bei gleichbleibendem Schutz Nebenwirkungen deutlich vermindert werden. Außerdem sind die neueren Pillen individueller einsetzbar: Neben der empfängnisverhütenden Wirkung bieten sie je nach Anwendungsschema, Dosis und Art des verwendeten Gestagens weitere Vorteile für die Anwenderinnen. So gibt es z. B. Pillen, die zur Behandlung mittelschwerer Akne zugelassen sind, sofern andere Akne-Therapien nicht ausreichend wirken. Beim Einsatz dieser Pillen kann die für die Akne verantwortliche übermäßige Talgproduktion zurückgehen, sodass sich das Hautbild verbessert. Auch Frauen, die an hormonbedingtem Haarausfall leiden, können von der Einnahme einer solchen Pille profitieren. Welche Pillen gibt es?

Pillenarten

Mikropillen enthalten sowohl ein Östrogen als auch ein Gestagen, wobei die Dosis des Östrogens – meist ist es das synthetische Ethinylestradiol, manchmal auch natürliches Estradiol – so niedrig wie möglich ist. Auf diese Weise lässt sich sowohl ein stabiler Zyklus erreichen als auch die Verträglichkeit erhöhen. Die heute erhältlichen Präparate sind sehr niedrig dosiert und enthalten zumeist 20 – 35 Mikrogramm Ethinylestradiol. Da Mikropillen stets ein Östrogen und ein Gestagen enthalten, werden sie auch „kombinierte Pillen“ oder „Kombinationspräparate“ genannt.

  • Einphasenpräparate
    Mikropillen sind häufig sogenannte Einphasenpräparate. Jede einzelne Tablette enthält die gleiche Menge an Gestagen und Östrogen. Die Einnahme erfolgt meist über 21 Tage, gefolgt von einer 7-tägigen Einnahmepause (21+7 Einnahmeschema). Es gibt jedoch auch Präparate, deren wirkstoffhaltige Tabletten über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, z. B. 24 Tage, gefolgt von einem 4-tägigen hormonfreien Intervall (24+4 Einnahmeschema). Die Einnahme wird bei diesen Präparaten nicht unterbrochen. Im Anschluss an die 24 wirkstoffhaltigen Tabletten werden vier wirkstofffreie eingenommen, die ebenfalls in der Packung enthalten und zumeist an einer anderen Farbe zu erkennen sind. Der hormonfreie Zeitraum verkürzt sich dementsprechend von sieben auf vier Tage (ein Zyklus = 28 Tage). Durch dieses Einnahmeschema wird der Empfängnisschutz sogar noch etwas erhöht. Da bei Einphasenpräparaten alle Tabletten die gleiche Zusammensetzung haben, ist diese Art der Pille am einfachsten zu handhaben.
  • Mehrphasenpräparate
    Mehrphasenpräparate lassen sich in Zweiphasen- und Dreiphasenpräparate unterteilen. Es gibt sogar ein Vierphasenpräparat. Im Gegensatz zu Einphasenpräparaten enthalten die Tabletten unterschiedliche Hormondosierungen, durch die ursprünglich eine Annäherung an den natürlichen Zyklus mit den entsprechenden Hormonschwankungen erreicht werden sollte. Zweiphasenpräparate zeichnen sich durch einen anfänglich niedrigen Gestagengehalt aus, der im Verlauf des Zyklus erhöht wird. Dreiphasenpräparate enthalten Tabletten mit drei unterschiedlichen Hormonkonzentrationen, beim Vierphasenpräparat sind es entsprechend vier. Bei diesen Präparaten ist es wichtig, die Tabletten in der richtigen Reihenfolge einzunehmen, um einen zuverlässigen Empfängnisschutz zu gewährleisten. Bislang konnte nicht gezeigt werden, dass Mehrphasenpräparate besser verträglich sind als Einphasenpräparate, obwohl sie dem natürlichen Zyklus mehr ähneln. Daher werden zumeist Einphasenpräparate verschrieben.

Gestagenpillen bzw. östrogenfreie Pillen sind sogenannte Monopräparate, da sie als Wirkstoff nur ein Gestagen und kein Östrogen enthalten. Die erste Gestagenpille auf dem Markt war die sogenannte „Minipille“ mit 30 Mikrogramm Levonorgestrel. Seit einigen Jahren gibt es auch Gestagenpillen mit 75 Mikrogramm Desogestrel und seit 2021 steht zudem ein Präparat mit dem Gestagen Drospirenon zur Verfügung. Da Gestagenpillen kein Östrogen enthalten, sind sie beispielsweise auch für übergewichtige Frauen, Raucherinnen, Diabetikerinnen und Frauen mit Bluthochdruck geeignet. Die Gestagenpillen mit Levonorgestrel und mit Desogestrel werden kontinuierlich – also ohne Einnahmepause – angewendet. Im Idealfall kommt es dadurch zur kompletten Blutungsfreiheit, einige Anwenderinnen bekommen jedoch unerwünschte Zwischen- bzw. Schmierblutungen. Mit zunehmender Einnahmedauer nehmen diese Blutungen jedoch in der Regel ab. Die neuere östrogenfreie Pille mit 4 Milligramm Drospirenon wird hingegen im 24/4-Einnahmeschema angewendet. Damit erhofft man sich weniger unerwünschte Blutungen während der Anwendung. Ähnlich wie bei den Mikropillen soll bzw. kann es während der Einnahme der vier wirkstofffreien Pillen zu einer geplanten Abbruchblutung kommen.

Die zuerst entwickelte Minipille mit 30 Mikrogramm Levonorgestrel hat eine schwache, hemmende Wirkung auf Eierstock, Gebärmutter und Gebärmutterhals. Ihre verhütende Wirkung beruht hauptsächlich auf der Bildung eines zähen Schleimpfropfens am Gebärmuttereingang, der die Spermien am Durchdringen hindert. Daher muss die Minipille mit Levonorgestrel jeden Tag zur gleichen Uhrzeit eingenommen werden, um zuverlässig vor einer ungewollten Schwangerschaft zu schützen. Wird die Einnahme vergessen, kann diese nur innerhalb eines sehr engen Zeitfensters von drei Stunden nachgeholt werden.

Die zwei neueren Gestagenpillen mit 75 Mikrogramm Desogestrel bzw. mit 4 Milligramm Drospirenon unterdrücken im Gegensatz zur Minipille den Eisprung mit sehr hoher Sicherheit, genauso wie Kombinationspräparate mit einem Östrogen und Gestagen. Außerdem bieten diese Pillen mehr Flexibilität bei der Einnahme als die Minipille. Bei der Desogestrel-Pille kann bei vergessener Einnahme die Einnahme der Pille innerhalb von 12 Stunden nachgeholt werden, ohne den Empfängnisschutz zu gefährden. Bei der Drospirenon-Pille kann die Einnahme sogar innerhalb von 24 Stunden nachgeholt werden. Erfolgt die vergessene Einnahme allerdings in der dritten Einnahmewoche vor dem hormonfreien Intervall, so muss auf die Einnahme der vier wirkstofffreien Tabletten verzichtet werden. Diese werden dann verworfen und es wird direkt mit dem nächsten Blister begonnen.

Die Wirkung der Pille

Die Pille greift in den natürlichen Hormonzyklus der Frau ein. Bei Einnahme einer kombinierten Pille wird eine Schwangerschaft durch verschiedene Mechanismen verhindert. Das enthaltene Östrogen und Gestagen wirken ähnlich wie das natürliche Estradiol und Progesteron. Die Eierstockfunktion wird normalerweise durch übergeordnete Regelkreise im Gehirn kontrolliert. Durch die in der Pille enthaltenen Hormone wird in der Hirnanhangsdrüse die Ausschüttung von FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon) gehemmt. FSH steuert maßgeblich Wachstum und Reifung von Eizellen, während eine LH-Ausschüttung ins Blut für die Auslösung des Eisprungs und die Umwandlung der Eihüllen in den Gelbkörper notwendig ist.

Die empfängnisverhütende Wirkung einer kombinierten Pille kommt mittels folgender Mechanismen durch das enthaltene Gestagen zustande:

  1. Der Eisprung wird unterdrückt, sodass kann es zu keiner Befruchtung kommen kann.
  2. Der Schleim im Gebärmutterhals (sogenannter Zervixschleim) wird verändert bzw. verdickt, sodass die Spermien nicht in die Gebärmutter gelangen.
  3. Der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut wird gehemmt, sodass sich eine befruchtete Eizelle nicht einnisten kann.
  4. Die Beweglichkeit der Eileiter wird reduziert und somit der Transport der Eizelle eingeschränkt.

Das Östrogen trägt in den heute niedrigdosierten Kombinationspräparaten nicht zur schwangerschaftsverhütenden Wirkung bei. Stattdessen sorgt es für die sogenannte „Zyklusstabilität“, was bedeutet, dass es unerwünschte Schmier- bzw. Durchbruchblutungen verhindert.

Da in den heutigen Pillen das Gestagen für die Hemmung von FSH und LH verantwortlich ist, funktioniert obiger Mechanismus auch bei den Gestagenpillen mit Desogestrel und Drospirenon. Für jedes Gestagen ist die sogenannte „Ovulationshemmdosis“, also die Dosis, die den Eisprung zuverlässig hemmt, bekannt. Sofern das Gestagen in einer Dosis enthalten ist, die die Ovulationshemmdosis überschreitet, ist ein sicherer Empfängnisschutz gewährleistet. Bei der Minipille mit 30 Mikrogramm Levonorgestrel ist dies nicht der Fall, da die Ovulationshemmdosis von Levonorgestrel bei 60 Mikrogramm liegt. Die verhütende Wirkung beruht bei der Minipille vor allem auf der Verdickung des Zervixschleims und dem unzureichenden Aufbau der Gebärmutterschleimhaut.

Was beeinträchtigt die Wirkung der Pille?

Seit Langem wird unter Fachleuten diskutiert, was einen Einfluss auf die Wirkung der Pille haben könnte. Viele Frauen sind verunsichert und fragen sich, ob der Schutz vor einer Schwangerschaft weiterhin gewährleistet bleibt, wenn die Pille beispielsweise zusammen mit Antibiotika, Alkohol, Johanniskraut oder anderen Medikamenten eingenommen wird.

Bei einigen Medikamenten wird vor der gemeinsamen Einnahme mit Alkohol gewarnt bzw. abgeraten. Deswegen ist diesbezüglich immer Vorsicht geboten und der Beipackzettel sollte vor dem Genuss von Alkohol studiert werden. Alkohol kann die Wirkung mancher Arzneimittel verstärken, indem es deren Abbau hemmt. Umgekehrt können aber auch Medikamente die Abbaurate des Alkohols verlangsamen und damit die Alkoholwirkung steigern. Wie steht es nun aber mit der Sicherheit der Pille? Der Genuss von Alkohol beeinflusst die Wirksamkeit der Pille nicht. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn es durch übermäßigen Alkoholkonsum zum Erbrechen kommt und die Pilleneinnahme noch nicht mindestens vier Stunden zurückliegt. In diesem Fall muss eine weitere Pille eingenommen werden, damit der Verhütungsschutz weiterhin gewährleistet bleibt.

Es gibt bereits seit Jahrzehnten Erfahrungen mit der Pille und so gut wie jede Frau musste schon einmal ein Antibiotikum einnehmen. Wenn man betrachtet, wie wenig Berichte es über Frauen gibt, die bei gleichzeitiger Einnahme der Pille und Antibiotika schwanger geworden sind, scheint das Risiko verhältnismäßig gering zu sein. Allerdings gilt als gesichert, dass bestimmte, relativ selten in Deutschland eingesetzte Antibiotika wie Rifampicin und vermutlich auch Rifabutin die Wirksamkeit der Pille beeinträchtigen. Es sollte daher immer die Gebrauchsinformation des eingenommenen Antibiotikums und der Pille aufmerksam durchgelesen und gegebenenfalls zusätzliche Verhütungsmaßnahmen getroffen werden. Fragen Sie auch Ihre Ärztin oder Ihren Arzt bzw. in Ihrer Apotheke wegen einer möglichen Wechselwirkung zwischen Antibiotikum und Pille nach. Bei Antibiotika, die nur lokal wirken sollen und als Cremes oder Salben auf die Haut aufgetragen werden, ist nicht mit Wechselwirkungen mit der Pille zu rechnen. Über die Haut gelangt zu wenig von dem Antibiotikum in den Blutkreislauf, um die Sicherheit der Pille zu beeinflussen. Ähnliches gilt auch für Antibiotika-haltige Vaginalcremes, -zäpfchen, oder -tabletten. Immer sollte jedoch die Packungsbeilage des Antibiotika-haltigen Präparates zu Rate gezogen werden.

Wie können Antibiotika die Wirksamkeit der Pille herabsetzen?

  • Schnellerer Abbau durch die Leber
    In der Leber sind bestimmte Enzyme dafür zuständig, dass Arzneimittel und andere Fremdstoffe im Körper um- bzw. abgebaut und schließlich ausgeschieden werden können. Auch die Wirkstoffe der Pille werden auf diese Weise abgebaut. Einige Substanzen können die Aktivität der Leberenzyme beeinflussen und dadurch den Abbau von Stoffen entweder verlangsamen oder beschleunigen. Dies gilt z. B. auch für das Antibiotikum Rifampicin: Es sorgt dafür, dass das Enzym, welches die Wirkstoffe der Pille abbaut, vermehrt gebildet wird. Eine größere Menge an Enzymen kann die Wirkstoffe schneller abbauen. Fällt der Wirkspiegel im Blut zu stark ab, reicht die Menge an Wirkstoff nicht mehr für den Empfängnisschutz aus und die Sicherheit durch die Pille kann nicht mehr gewährleistet werden.
  • Mangelnde Aufnahme im Magendarmtrakt
    Antibiotika können manchmal Nebenwirkungen wie Durchfall oder Erbrechen verursachen. Erfolgt das Erbrechen oder der Durchfall zeitnah mit der Pilleneinnahme, kann es sein, dass nicht genügend Wirkstoff der Pille im Magendarmtrakt aufgenommen worden ist. Mit einem sicheren Verhütungsschutz ist dann nicht mehr zu rechnen.

Bei Johanniskraut handelt es sich um eine Heilpflanze, die in Form von Trockenextrakten, Tees oder Ölen zur Behandlung von vorübergehenden depressiven Verstimmungen und zur Besserung des Befindens eingesetzt wird. Als verschreibungspflichtiges Medikament wird es auch bei leichten bis mittelschweren Depressionen angewandt. Da es sich um ein pflanzliches Präparat handelt, rechnen viele nicht mit Wechselwirkungen mit Arzneimitteln. Johanniskraut beschleunigt aber die Abbaurate mancher Medikamente in der Leber und kann dadurch die Wirksamkeit dieser Präparate beeinflussen. In den Fachinformationen verschiedener Pillen wird darauf hingewiesen, dass Johanniskraut-haltige Präparate nicht gleichzeitig mit der Pille angewendet werden sollen, da sie die kontrazeptive Wirksamkeit der Pille reduzieren können. Zudem kann es bei der gleichzeitigen Anwendung vermehrt zu Zwischenblutungen kommen. Falls nicht auf Johanniskraut verzichtet werden kann, sollten alternative nicht-hormonelle Verhütungsmethoden in Betracht gezogen werden.


Mehr zum Thema