Höhere Lebendgeburtenraten nach Kryokonservierung bei ART durch vaginales Progesteron

Im Rahmen der assistierten Reproduktionstherapie (ART) nimmt die Bedeutung des Kryozyklus als Verfahren stetig zu.


In Europa beträgt der Anteil von Kryozyklen bei der ART bereits rund 25%.1 Im Kryozyklus ist das Risiko für die Patientin ein schwerwiegendes ovarielles Hyperstimulationssyndrom (OHSS) zu entwickeln, reduziert. Aufgrund der Kryotransfers besteht eine verbesserte Möglichkeit des Single-embryo-Transfers, was wiederum zu einem starken Rückgang von Mehrlingsschwangerschaften geführt hat.2 Drei Regime zur Führung der Kryozyklen, die sich vornehmlich in der Vorbereitung des Endometriums auf die Implantation unterscheiden, kommen beim frozen embryo transfer (FET) zum Einsatz.

Der natürliche Zyklus (NC)-FET ist vornehmlich für Frauen mit regelmäßigen ovulatorischen Zyklen geeignet. Er erfordert keine gesonderte Hormongabe und ist vergleichsweise kostengünstig.3 Dabei werden der natürliche Aufbau der Gebärmutterschleimhaut und der sich bildende Gelbkörper genutzt. Jedoch reduziert sich bei dieser Variante die Planbarkeit für den FET und erhöht damit den Zeitaufwand für IVF-Zentren und die Patientin, etwa durch die Notwendigkeit sonographischer Kontrollen der Follikelreifung. Bleibt die Ovulation aus, oder ist das Endometrium nicht ausreichend für eine Implantation aufgebaut, muss der FET in den nächsten Zyklus verschoben werden.3 

Eine bessere Planbarkeit des FET bietet der modifizierte NC (mNC)-FET. Durch die medikamentöse Ovulationsinduktion wird der Zeitrahmen, in dem die Ovulation stattfindet, bestimmt. Dennoch muss die Implantation entsprechend mit den verfügbaren Ressourcen im IVF-Zentrum geplant werden. 

Eine maximale Flexibilität bietet der HRT (programmierter/artifizieller)-FET, der von der ovariellen Funktion der Patientin völlig unabhängig ist. Der Endometriumaufbau wird durch exogenes Estradiol unterstützt, und ab der zweiten Zyklushälfte nach sonographischer Kontrolle zusätzlich durch Progesteron. Bei Eintritt einer Schwangerschaft werden Estradiol und Progesteron supplementiert, bis die Plazenta die endogene Produktion vollständig übernommen hat (in der Regel bis zur 12. SSW). Beim HRT-FET ist der Monitoring-Aufwand zwar reduziert, jedoch kann die Estradiol-Gabe auch Nebenwirkungen bedingen – so gibt es Daten, die zeigen, dass das Risiko für Komplikationen wie Präeklampsie und Blutdruckveränderungen während der Schwangerschaft erhöht ist.4,5,6 Dies stellt einen wichtigen Grund dar, weshalb der Trend bei vielen Reproduktionsmedizinerinnen und -medizinern derzeit in Richtung NC-FET bzw. mNC-FET geht. 

Lutealphasenunterstützung bei allen Kryozyklen relevant

Eine hormonelle Lutealphasenunterstützung (LPS) wird von Expertinnen und Experten in allen Kryozyklen empfohlen.7,8 Beim NC-FET produziert das Corpus luteum zwar Progesteron, sodass eine Lutealphasendefizienz eher selten ist.8 Allerdings erhöht eine unterstützende Progesterongabe die klinische Schwangerschaftsrate (CPR) und Lebendgeburtenrate (LBR) und kann eine versteckte Lutealinsuffizienz korrigieren.8 Beim mNC-FET kommt es durch das hCG-Triggering zunächst zu einem Progesteron-Peak, der aber zum Zeitpunkt des FET wieder abgefallen ist. Eine Progesteronsubstitution ist daher wichtig, um die bestmöglichen Implantationsbedingungen herzustellen. Fester Bestandteil ist die Progesterongabe zur LPS im Rahmen des HRT-FET, da bei dieser Variante des Kryozyklus kein körpereigenes Progesteron produziert wird.8,9

Evidenz für positiven Effekt der Progesteronsupplementation auf LBR

Wie sich die Progesteronsupplementation zur LPS auf die Reproduktionsergebnisse des NC-FET auswirkt, untersuchte kürzlich eine Metaanalyse.8 Die Auswertung erfolgte aus Daten von vier klinischen Studien mit 1.116 Patientinnen, die sich einem NC-FET-Zyklus unterzogen, einschließlich echter NC-FET-Zyklen (tNC-FET) und modifizierter NC-FET-Zyklen (mNC-FET) mit Ovulationstrigger.8

Die Analyse von drei der klinischen Studien mit vaginalem Progesteron (n = 982) ergab eine erhöhte Lebendgeburtentrate (LBR; RR 1,42; 95%-KI 1,15 - 1,75) im Rahmen des NC-FET.8 Die Werte entsprechen damit einer Erhöhung der LBR um 42% unter Progesterongabe. Auch die klinische Schwangerschaftsrate (CPR) wurde durch die vaginale Progesteronsupplementation im Rahmen des NC-FET positiv beeinflusst und zeigte eine Erhöhung um 30% (RR 1,30; 95%-KI 1,07 - 1,57). Eine Subgruppenanalyse in tNC ergab, dass in der Subgruppe mit Progesteron eine Steigerung der Lebendgeburtenrate um 43% erzielt wurde, während in der Subgruppe „mit hCG“ die Rate geringer ausfiel (RR 1,43; 95%-KI 1,16 - 1,78). Patientinnen profitieren daher auch nach einem FET im natürlichen Zyklus von vaginalem Progesteron zur LPS.8 

Schlussfolgerung: Eine Anwendung von vaginalem Progesteron zur Unterstützung der Lutealphase nach einem FET führt auch im natürlichen Zyklus (NC-FET) zu einer erhöhten Lebendgeburtenrate und Schwangerschaftsrate.8 


Literatur

1 De Geyter C et al., Hum Reprod Open 2020;2020:1–17.
2 Deutsches IVF Register Jahrbuch 2021, 19. Jahrgang 2022 Krause & Pachernegg GmbH, Verlag für Medizin und Wirtschaft.
3 Madani T et al., Arch Gynecol Obstet 2019;299:1185–91.
4 Ernstad EG et al., Am J Obstet Gynecol 2019;221:126.e1–18.
5 Saito K et al., Hum Reprod 2019;34: 1567–75.
6 Fan L et al., Frontiers in Endocrinology 14 (2023): 1133978.
7 Casper RF and Yanushpolsky EH, Fertility and sterility. 2016;105(4):867-872.
8 Jiang Y et al. Fertil Steril 2023 Apr;119(4):597-605).
9 Mackens S et al., Human Reproduction 32.11 (2017): 2234-2242.


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