Der folgende Inhalt bezieht sich ausschließlich auf das Interview mit Herrn Prof. Mang.1
Positive Effekte einer HRT auf das Immunsystem
Auf die Frage, ob Prof. Mang in der postmenopausalen HRT über den Schutz von Knochen, Gefäßen und Herz hinaus eine weitere protektive Wirkung sieht, wurde dies durch den Experten bejaht. Östrogene könnten, ähnlich wie Glukokortikoide, die Bildung von entzündungssteigernden Botenstoffen vermindern. Dies würde einer Entgleisung von Krankheiten entgegenwirken. Darüber hinaus könnten die Botenstoffe entzündungshemmende Interleukine erhöhen. Auch Gestagene und Progesteron könnten laut Mang die Aktivität der Immunzellen regulieren.
Als Beispiel für entgleitende Entzündungsprozesse führt Prof. Mang die Sepsis, oder aktuell die Entzündungsreaktionen in der Lunge bei COVID-19 an. Dieses „Respiratory Distress Syndrome“ würde erklären, warum postmenopausale Frauen bei COVID-19 ein schlechteres Outcome haben als noch hormonaktive.
Kann ein Östrogenmangel systemisch entzündliche Prozesse auslösen?
Prof. Man führt im Interview aus, dass ein Mangel an Östrogenen zumindest einen Ausbruch systemischer entzündlicher Prozesse begünstigen könne. Als Beispiel benennt er Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie die Atherosklerose. Bei Frauen, die noch hormonaktiv sind, liege statistisch gesehen ein besserer Schutz vor Herzinfarkten vor, im Vergleich zu gleichaltrigen Männern. Postmenopausale Frauen scheinen hingegen den Schutz zu verlieren und das deute laut Mang auf eine nachlassende Immunmodulation durch Östrogene hin.
Einfluss einer HRT auf die Immunantwort
Auf die Frage, wie lange die protektive Wirkung anhält, stellt Mang klar, dass es keine generelle Empfehlung über die Dauer einer HRT gäbe. Eine HRT wird immer individuell entschieden. Zum optimalen Zeitpunkt des Beginns einer HRT jedoch äußert sich Prof. Mang deutlich:
„Ich empfehle, schon beim Ausbruch der ersten Symptome einzusteigen, damit gar nicht erst eine pathophysiologische Lage entsteht, in der protektive Hormone fehlen. Ich würde es auch gar nicht Therapie nennen, sondern vorbeugende Behandlung, ähnlich wie die Insulingabe für Typ-1-Diabetiker.
Wann der geeignete Zeitpunkt gekommen ist, ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Manche Frauen kommen mit knapp über 40 Jahren in die Wechseljahre, andere haben ihre Menses noch über viele Jahre. Die HRT ist keine Kurzzeittherapie, die Symptome wie Schwitzen verhindert und dann möglichst schnell abgesetzt wird, sondern eine langjährige Behandlung unter fachärztlicher Betreuung. Die Menschen werden älter und eine prophylaktische Gesundheitserhaltung wird immer wichtiger.“
Fazit
Prof. Mang macht in seinen Vorträgen deutlich, welches Potential eine frühzeitige HRT in Bezug auf die Gesunderhaltung und Lebensqualität der Frauen mit sich bringt – und dass allzu langes Zuwarten letztlich zu einem Versorgungsdefizit und unnötigem Leid führen kann.
Quelle
1gyn dialog – Immunschutz im Alter durch HRT, Interview mit Prof. Dr. Christian Mang, Sonderdruck aus gyn (26) 2021, 227