Assoziation von Schädel-Hirn-Trauma mit Testosteronspiegeln und erektiler Dysfunktion bei ehemaligen US-amerikanischen Footballprofis

Originalbeitrag erschienen bei andrologen.info | andro.topics


Hintergrund

Dass Kopfverletzungen bei Männern mit niedrigen Testosteronspiegeln und sexueller Dysfunktion im Zusammenhang stehen könnten, ließ sich den Ergebnissen kleinerer Studien bereits mehrfach entnehmen. Vermutlich sind hierfür Mechanismen wie Hypopituitarismus infolge eines ischämischen Schadens und einer Verletzung des hypothalamisch-hypophysären Axontrakts verantwortlich. Insbesondere Athleten in Kontaktsportarten mit intensivem Körpereinsatz könnten aufgrund einer hohen Anzahl Kopfverletzungen, die sie im Laufe ihrer Karriere erlitten haben, von Hypothalamus-Insuffizienz oder erektiler Dysfunktion (ED) bedroht sein. Bisher war allerdings nicht analysiert worden, ob mehrfach erlittene Gehirnerschütterungen später mit niedrigen Testosteronspiegeln und ED assoziiert sind.

Zielsetzung

Bei ehemaligen Footballprofis sollten Zusammenhänge zwischen der anamnestischen Erfassung von Gehirnerschütterung-Symptomen mit von den Teilnehmern angegebenen Indikatoren für niedrige Testosteronspiegel und ED abgeglichen werden.

Teilnehmer und Methoden

Die Querschnittsstudie ehemaliger US-amerikanischer Footballprofis wurde vom Januar 2015 bis März 2017 in Boston, Massachusetts, durchgeführt. Befragungen zur zurückliegenden Football-Karriere, zu demographischen  Faktoren und den aktuellen Gesundheitszustand wurden den Teilnehmern innerhalb und außerhalb der USA elektronisch und per Post zugeschickt. Von 13.720 angeschriebenen potenziellen Teilnehmern hatten 3.506 (25,6%) auf die Anfrage reagiert. Sie gaben an, wie häufig sie während ihrer Sportlerlaufbahn nach einem Zusammenstoß mit anderen Sportlern unter Symptomen einer leichten Gehirnerschütterung gelitten hatten. Dazu zählen typischerweise Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Bewusstlosigkeit, Orientierungslosigkeit und Sehstörungen. Aus den Angaben wurde ein Symptom-Score gebildet, den sie mit den Angaben der Studienteilnehmer zur Verordnung von Medikamenten zur Behandlung eines niedrigen Testosteronspiegels oder ED in Beziehung setzten.

Ergebnisse

Die Teilnehmer waren im Mittel 52,5 Jahre alt. Sie hatten im Mittel (SD) 6,8 (3,8) Saisons gespielt.

Von 3.409 Teilnehmern, gaben 611 (18,3%) an, bei sich Anzeichen niedriger Testosteronspiegel bemerkt zu haben, und 755 (22,7%) gaben Hinweise auf eine ED an. Aber nur 335 der Männer (9,8%) gaben sowohl Anzeichen niedrigen Testosterons als auch ED an. Von den 611 Spielern mit vermeintlich niedrigem Testosteron hatte sich das in 243 (39,8%) der Fälle offenbar bestätigt, und es wurde aktuell behandelt. Von den ehemaligen Spielern mit ED erhielten 379 (50,2%) aktuell eine entsprechende Medikation. Die Häufigkeit niedriger Testosteronspiegel und von ED war bei Vorliegen etablierter Risikofaktoren erhöht.

In Modellen mit Adjustierung für Alter und Rasse waren niedrige Testosteronspiegel und ED signifikant mit Hypertonie, hohen Cholesterinspiegeln, Diabetes, Herzkrankheiten, Schmerzmittelverschreibung, Schlafapnoe, Adipositas und Stimmungsschwankungen assoziiert (niedriges Testosteron Odds Ratio [OR], 3,49; ED OR, 2,41).

In Modellen, die darüber hinaus für Profifootball-bezogenes Ausgesetztsein (z. B. Position, BMI während der Profilaufbahn und selbst berichtete Anwendung leistungssteigernder Substanzen) adjustiert waren, blieben die Schätzungen im Wesentlichen unverändert (niedriges Testosteron OR, 3,38; ED OR, 2,32).

Sogar Teilnehmer mit relativ wenigen Gehirnerschütterung-Symptomen wie diejenigen im zweiten Quartil des Symptom-Score hatten gegenüber jenen im untersten Quartil eine signifikant erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, niedrige Testosteronspiegel anzugeben (OR, 1,41; p=0,02).

Das Untersucherteam vermutet, dass ein Schaden an der Hirnanhangdrüse eine Kette hormoneller Veränderungen in Gang setzt, die sich in verminderter Testosteronproduktion und ED auswirkt. Die aktuellen Ergebnisse decken sich zudem mit Ergebnissen früherer Studien, die eine höhere ED-Prävalenz und neurohormonelle Störungen bei Männern mit Kopfverletzungen und Schädel-Hirn-Trauma unter anderen bei Boxern und Kriegsveteranen ermittelt hatten.
 

Kernaussagen

❏ Ehemalige National Football League (NFL)-Spieler, die nach Schädelverletzungen über Symptome einer Gehirnerschütterung klagen, sind gehäuft von ED und niedrigen Testosteronspiegeln betroffen.

❏ Spieler mit den häufigsten Gehirnerschütterung-Symptomen hatten im Vergleich zu Spielern mit sehr niedrigem Symptom-Score ein nahezu verdoppeltes ED-Risiko.

❏ Ärzte, die Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma behandeln, sollten sich proaktiv nach Symptomen wie ED und niedriges Testosteron erkundigen.

❏ Die aktuellen Ergebnisse können generell für Sportarten und Aktivitäten relevant sein, bei denen es häufiger zu Kopfverletzungen kommt.    

Literatur

Grashow R, Weisskopf MG, Miller KK, et al. 2019. Association of concussion symptoms with testosterone levels and erectile dysfunction in former professional US-style football players. JAMA Neurol 26 :e192664.


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